Ernährungstrend High Protein – 9 Fragen & Antworten
Ernährungstrend High Protein – 9 Fragen & Antworten
Kein Einkauf ohne High Protein
Ob im Kühlregal auf Joghurts, Puddings und Drinks oder bei den Riegeln, beim Toastbrot, bei Chips, Brotaufstrichen und Müeslimischungen – "High Protein", soweit das Auge reicht. Tendenz steigend. Was ist hier Marketing und was ist tatsächlich gesund und sinnvoll? Wir beantworten die High-Protein-FAQs.
1. Was heisst "High Protein" eigentlich?
Ein Produkt ist gemäss Gesetz "High Protein", wenn der Proteinanteil mindestens 20% des gesamten Energiewerts (also die kcal-Angabe auf der Verpackung) des Lebensmittels ausmacht. Es geht hier also nicht um die reine Proteinmenge, sondern um das Verhältnis Gesamtenergiewert-Proteinanteil davon.
Hier ein Rechenbeispiel für alle, die es genau wissen wollen: 200g Hüttenkäse haben insgesamt 200kcal und 24.8g Protein. 1g Protein hat rund 4kcal. Der Proteinanteil beträgt mit 99.2kcal (24.8x4kcal) also 49.6% des Gesamtenergiewerts und macht Hüttenkäse damit zu einem offiziellen "High-Protein"-Produkt.
2. Warum sind Proteine so wichtig?
Protein leitet sich vom griechischen "Proton" für "der Erste", "das Wichtigste" ab. Der Name passt: Proteine übernehmen wichtige Aufgaben im Körper und sind grundlegende Bausteine für Muskeln, Knochen, Haut, Haare, Hormone, Antikörper und Enzyme. Wegen ihrer komplexen Struktur werden Proteine langsamer verdaut und sättigen lange.
3. Warum steht auf immer mehr Produkten neu "High Protein"?
Die Auslobung "High Protein" lässt sich gut verkaufen. Unterscheiden muss man hier aber zwischen Produkten, denen Protein zugesetzt wird, damit sie "High Protein" sind, und solchen, die von Natur aus "High Protein" sind. Und die neuerdings einfach auch verstärkt so vermarktet werden. Zu den letzten gehören Magerquark und der erwähnte Hüttenkäse. Nicht alle Hersteller:innen schreiben jedoch "High Protein" auf die Verpackung. Lass dich also nicht verwirren: Jeder Magerquark und Hüttenkäse ist "High Protein" – egal, ob es explizit auf der Verpackung steht oder nicht. Daneben gibt es eben viele mehr oder weniger stark verarbeitete Produkte, denen Protein zugesetzt ist.
4. Welche Lebensmittel haben am meisten Protein?
Die Kurzantwort: Von allen pflanzlichen Lebensmitteln haben Seitan und Tempeh von Natur aus am meisten Protein pro Portion, bei den tierischen Lebensmitteln liegen Fleisch, Fisch, Magerquark und Hüttenkäse ganz vorne. Warum pro Portion? Tatsächlich ist es entscheidend, ob man das Lebensmittel pro Portion oder pro 100g anschaut. Denn das führt zu teils recht unterschiedlichen Ergebnissen. Hier ein Beispiel: In der Kategorie "Protein pro 100g" belegen Kürbiskerne den 3. Platz. Aber du solltest täglich gar nicht so viele Kürbiskerne essen. Und schaut man die empfohlene Tagesmenge, also eine Portion (15g) an, rutschen die Kürbiskerne auf den 20. Platz. Ein Blick auf die besten Proteinquellen pro Portion statt pro 100g ist aus Ernährungssicht also sinnvoller.
Mehr zu den Top-Proteinquellen erfahren
5. Sind High-Protein-Produkte gesund?
Egal ob Chips, Schokoriegel oder Burger-Patties: Fertigprodukte werden nicht gesünder, nur weil sie mit Protein angereichert werden. Sie enthalten weniger Nährstoffe als natürliche Lebensmittel und sind eher ungünstig für den Stoffwechsel und die Verdauung. Für den hohen Proteinanteil werden meistens Milch-, Soja- oder Erbsenprotein zugesetzt. Problematisch bei vielen High-Protein-Produkten wie Protein-Drinks ist der hohe Zuckeranteil. Auch bei Produkten mit künstlichen Süssstoffen (z.B. Acesulfam K und Sucralose) solltest du vorsichtig sein. Dein Darmmikrobiom könnte sich durch den hohen Süssstoffkonsum negativ verändern. Süssstoffe sollten nicht einfach den Zucker ersetzen, gewöhne dir den süssen Geschmack stattdessen besser ab.
High-Protein-Einkaufstipp
Wirf immer einen Blick auf die Zutatenliste und setze die Aufschrift "Protein" nicht gleich mit "gesund": Je länger die Zutatenliste, desto verarbeiteter ist ein Produkt.
High-Protein-Produkte mit Süssstoffen (High-Protein-Quarks oder -Drinks) werden oft als Alternative zu identischen Produkten mit Zucker (z. B. Früchtequarks oder Milchshakes) angeboten. Hier lohnt sich ein Vergleich der Zutatenlisten und der Nährwertangaben der beiden Produkte. Ist dir eine gesunde Ernährung wichtig, solltest du möglichst unverarbeitete Nature-Milchprodukte konsumieren. Beispiel: Iss besser einen Magerquark mit frischen Früchten statt einen High-Protein-Quark mit Früchtearoma und Süssstoffen.
Beachte auch: Das zugesetzte Protein kostet – die verarbeiteten High-Protein-Varianten sind meistens deutlich teurer.
Mehr zu stark verarbeiteten Produkten erfahren
Tipps zur gesunden Ernährung mit genügend Proteinen
Wähle hochwertige Proteine, die nicht zu stark verarbeitet sind, und kombiniere pflanzliche mit tierischen Proteinen.
Beachte die Proteinmenge: Unser Proteinbedarfsrechner verrät dir, aufs Gramm genau, wie viel Protein du benötigst.
Verteile das Protein über den Tag: 3- bis 4-mal pro Tag 20-25g Protein sind ideal für den Muskelerhalt bzw. -aufbau.
6. Kann zu viel Protein schaden?
Die Antwort für gesunde Erwachsene: nein. Überschüssiges Protein baut der Körper ab und der dabei entstehende Harnstoff wird mit dem Urin ausgeschieden. Wichtig daher: Wenn du viel Protein konsumierst, trinke ausreichend. Vorsichtig sollten nur Menschen mit Nierenproblemen oder Gicht sein: Zu viel Protein kann die Nieren überfordern und Gichtanfälle verstärken.
7. Brauche ich High-Protein-Produkte überhaupt?
High-Protein-Hype hin oder her, Fakt ist: In westlichen Ländern wie der Schweiz haben Erwachsene, die sich ausgewogen ernähren, normalerweise keinen Proteinmangel. Und müssen also entsprechend weder Protein supplementieren noch besonders auf High-Protein-Produkte achten. Denn isst du nach den Empfehlungen der Ernährungspyramide, nimmst du automatisch Lebensmittel zu dir, die deinen Proteinbedarf ganz natürlich decken.
Wie viel brauche ich? Berechne deinen Proteinbedarf.
8. Für wen lohnen sich spezielle High-Protein-Produkte?
Einen erhöhten Proteinbedarf haben z. B. Sportler:innen (ab 5h Sport/Woche), Schwangere, Stillende oder ältere Menschen. Für sie können High-Protein-Produkte nützlich und praktisch sein. Aber auch hier ist der Griff zu natürlichen Proteinquellen vollkommen ausreichend und dazu besser für den Geldbeutel.
Ausnahme: High-Protein-Produkte können sinnvoll sein für Seniorinnen und Senioren, die nur noch sehr wenig essen, für pflegebedürftige oder untergewichtige Menschen sowie für Krebskranke, die unter der Therapie einen höheren Proteinbedarf haben. Greife jedoch hier statt auf mit Proteinen angereicherte Lebensmittel besser auf von der Ärztin/vom Arzt empfohlene Präparate, z. B. spezielle medizinische Proteindrinks, zurück.
Tipp: Mache deine Proteinsnacks doch mal selbst. Wir haben ein paar feine Rezepte, die sich z. B. als Snacks nach dem Sport eignen.
9. Kann man mit Protein abnehmen?
Wer schlank sein möchte, sollte Protein essen – hast du das auch schon mal gehört? Tatsächlich hat Protein den besten Sättigungseffekt von allen Makronährstoffen (Kohlenhydrate, Fette, Proteine) und trägt zu einer Zunahme an Muskelmasse bei. Aber wie immer beim Thema Gewichtsabnahme gilt: Die Energiebilanz muss stimmen. Denn egal, aus welchem Makronährstoff die Energie stammt, dein Körper lagert die nicht verbrauchte Energie als Fett ein. Wenn du also einfach viele High-Protein-Produkte isst, aber keinen Sport treibst bzw. dich nicht ausreichend bewegst, nimmst du zu.
High Protein: Facts & Tipps in Kürze
- "High Protein" heisst nicht gleich "gesund" – vor allem in verarbeiteten Produkten.
- Einige Lebensmittel sind von Natur aus High Protein – auch ohne, dass es auf der Verpackung steht.
- Für die grosse Mehrheit gilt: Wer ausgewogen isst, bekommt so genügend Protein.
- Nur für wenige lohnen sich spezielle High-Protein-Produkte wirklich.
- Ziehe natürliche Proteinlieferanten Ergänzungsprodukten vor.
- Protein sättigt gut und kann dich beim Abnehmen unterstützen.
Quellen zum Thema