Wie wird Glace gemacht? Ich war dabei.

back to top
Gschicht vo hie

Wie wird Glace gemacht? Ich war dabei.

Eine erfrischende Glace aus der Gelateria di Berna - die Krönung eines Sommertages. Doch wie entstehen die trendigen Gelati eigentlich? Ich habe die Milch von der Molkerei bis aufs Cornet verfolgt.

Blick hinter eisige Kulissen

Mama mia, ist das wieder heiss heute. Man kann es so sagen: Selten habe ich mich mehr auf ein Gewitter gefreut – vor allem Anfang Juli …

Michael Amrein ist am "Schärme" - wie der Berner sagt -, im Trockenen. Im Produktionsbereich der Gelateria di Berna, vis-à-vis der Berner Marzili-Badi. Er kommt mit dem 10-Liter-Milchbeutel um die Ecke und will frisches Gelato Fior di Latte produzieren. Auf der anderen Seite der Glasscheibe drängen sich die Menschen vor der Glacetheke. Diesmal nicht nur, weil sie Gelato schlecken wollen, sondern eben auch, weil soeben der Gewitterregen eingesetzt hat. Wie gesagt: Der Berner nennt es "Schärme".

Bildgalerie: So entsteht Glace.

  • Hast du dich schon mal gefragt, wie die Glace in die Auslage der Gelateria kommt? Wir haben den Weg der Glace für dich verfolgt, am Beispiel der Gelateria di Berna.

  • Die Bauern bringen ihre Milch zunächst in die Molkerei. Bei uns in der Schweiz sind die meist sehr nahegelegen, die Transportwege kurz. Hier: Olivia, Gregor und Andreas Lanz vor den Milchtanks ihrer Familien-Molkerei in Obergerlafingen.

  • Einmal angekommen, wird die Milch in der Molkerei sofort heruntergekühlt.

  • Am Schluss der Produktionskette füllt Olivia Lanz die Milch in Beutel. In diesem Fall je 10-Liter-Beutel mit Schweizer Biomilch.

  • Im Lager macht sie die Beutel bereit für den Transport in die Gelateria.

  • Wo aus Milch Glace wird: im "Laboratorio" der Gelateria di Berna im Marzili. Michael Amrein nimmt die Milchbeutel in Empfang.

  • Aus dem Homogenisierer geht die Milch weiter in den Mixer.

  • Das fertige Gelato kommt aus der Glacemaschine, dem sogenannten "Mantecatore". Hier siehst du Fior-di-Latte-Glace, bereit für den grossen Auftritt im Schaufenster.

  • Die Fior di Latte darf aufs Cornetto …

  • … und über die Theke zum Kunden

  • Die Filiale der Gelateria di Berna im Marzili

Im Laboratorio der Gelateria di Berna

Michael Amrein gibt die Milch in den Pasteurisierer. Wie viel Gelato produziert er täglich? Amrein verweist auf das Wetter draussen: "Man kann das nicht generell sagen. Es kommt im Gelato-Geschäft sehr auf den Tag an", beginnt er. Gutes Sommerwetter bedeutet natürlich grosse Nachfrage. Schlechtes Wetter - naja. Der Gewitterregen spült das Sommer-Feeling soeben davon. Es ist jetzt schon klar: Nach dem Glace-Boom der letzten Woche wird zumindest dieser Abend in der Gelateria eher ruhig.

Hier wird Milch gemixt: das Laboratorio.

Hier wird Milch gemixt: das Laboratorio.

Würziger dank Schweizer Milch

Das Geheimnis des Fior-di-Latte-Eises ist die Schweizer Milch. Hansmartin Amrein, einer der Berner Gelateria-Brüder, sprach im letzten Jahr im "Blick am Abend" über die Feinheiten dieser Sorte. "In den Niederlanden oder in Dänemark ist Fior di Latte anders als bei uns", erzählte er. Die Kühe fressen dort anderes Gras, andere Kräuter. Das wirkt sich auf den Geschmack aus. Weiter führte er aus: "Unsere Milchglace ist von Saison zu Saison leicht unterschiedlich, je nach Weidegras." Das Raufutter, das rund 80% der Nahrung der Schweizer Milchkühe ausmacht, sorgt letztlich für den Unterschied.

Das Futter beeinflusst den Glace-Geschmack.

Das Futter beeinflusst den Glace-Geschmack.

Glaceherstellung: Italianità aus der Schweiz

Michael Amrein präsentiert den Maschinenpark, dessen Maschinen alle aus der Region Bergamo stammen. Er zeigt den Homogenisierer, in welchen die Milch als Nächstes kommt und in dem sie übernachten wird. "Er sorgt für eine schöne Textur." Danach geht es in den Mixer.

Unsere Milchglace ist von Saison zu Saison leicht unterschiedlich, je nach Weidegras.

Michael Amrein (Gelateria di Berna)

Italienisches Handwerk mit regionalen Zutaten: Das ist das Erfolgsrezept für viele Gelaterie in Schweizer Städten. In den letzten Jahren wurde es richtiggehend zum Trend, solche Glaceläden zu eröffnen. Die Gelateria di Berna war eine der ersten. Gegründet von den drei Brüdern Michael, David und Hansmartin Amrein sowie dessen Partnerin Susanna Moor. Mittlerweile ist mit Andy Käser ein fünfter Teilhaber hinzugekommen - und ein fünfter Standort in Zürich.

Italienischer Name, regionale Glace: Gelateria di Berna

Italienischer Name, regionale Glace: Gelateria di Berna

Regionale Zutaten lohnen sich.

Gelernt haben sie ihr Handwerk in Verona. So italienisch das Eis einerseits wirken soll, so schweizerisch sollen andererseits die Zutaten sein. Aus Gründen der Frische natürlich. Aber auch wegen der Logistik. "Weil wir wegen des Wetters immer flexibel sein müssen, brauchen wir auch flexible Lieferanten", so Amrein.

Biomilch aus dem Umland

Für die Milch ist dies meist die Molkerei Lanz im solothurnischen Obergerlafingen. Nur rund 30km von Bern entfernt. Dort steht einige Stunden zuvor Gregor Lanz auf dem Dach des Produktionsstandortes.

Die Molkerei ist - wie die Gelateria - ein Familienbetrieb. Die dritte Generation mit Gregor und Olivia Lanz teilt sich die Geschäftsleitung mit Vater Andreas. Der Junior auf dem Dach verrät: "Die Bauern, die uns die Biomilch liefern, kommen allesamt aus dem unmittelbaren Umland. Höchstens so um die zehn Kilometer von hier entfernt." 30km bis Obergerlafingen plus weitere zehn km. Die kurzen Transportwege machen aus dem italienischen Gelato Fior di Latte ein regionales Produkt. Und Regionalität ist von Wert. Für die Molkerei, für die Gelateria, für die Schweizer Konsumenten.

Olivia Lanz füllt die Milch in Beutel ab.

Olivia Lanz füllt die Milch in Beutel ab.

Zurück in der Gelateria

Beim Marzili in Bern hantiert Michael Amrein mittlerweile am "Mantecatore". Das ist die eigentliche Glacemaschine, aus welcher die Eismasse fixfertig herauskommt. Danach muss sie nur noch passend garniert werden und kann zur Theke und aufs Cornetto.

Mozzarella als Namensvetter

  • Fior di Latte heisst nicht nur das Speiseeis, sondern auch eine spezielle Mozzarella-Sorte. Sie wird explizit nicht aus Büffel-, sondern aus Kuhmilch hergestellt.

  • Seine wahre Heimat hat dieser Mozzarella in der Region von Neapel, inzwischen wird jedoch auch in der Schweiz Fior-di-Latte-Mozzarella hergestellt.

Fior-di-Latte-Glace: Stolz eines jeden Gelatiere

Der Kübel mit der Fior di Latte wird nicht der beliebteste bei den Kunden sein, das weiss Amrein. "Die Nummer eins ist und bleibt Schokoladenglace." Aber Fior-di-Latte-Glace ist der Stolz eines jeden Gelatiere. Die weisse Milchglace ist eines der pursten Produkte, bei ihr kann man kaum tricksen, die Zutaten - besonders die Schweizer Milch - machen es aus. "Und Fior di Latte ist eine wichtige Grundlage für andere Sorten", sagt Experte Amrein.

Zum Beispiel für die beliebte Stracciatellaglace. Die farbliche und geschmackliche Basis ist die Fior-di-Latte-Glace. Danach werden die Schoggi-Splitter dazugegeben, quasi ins Fior-di-Latte-Eis "reingerissen". Denn "stracciare", so erklärt Amrein, heisst reissen.

Einmal Fior di Latte, bitte.

Auf der anderen Seiten der Glasscheibe, vor der Theke, ist es wie angekündigt ruhig geworden. Nur noch alle paar Minuten kommt ein Kunde oder eine Kundin. Und siehe da: Tatsächlich wird gleich Gelato Fior di Latte verlangt. Lachend gibt Michael Amrein eine Kugel aufs Cornetto.

Dieses Cornetto wird ein Schleck.

Dieses Cornetto wird ein Schleck.

5

Tipps - so gelingt Glace auch daheim:

  1. Keine Heimmaschine kriegt die Textur nachhaltig „cremoso“ hin. Deshalb: à la minute auf den Besuch, das Fest oder die spontane Lust produzieren.

  2. Danach höchstens zwei Stunden in den Tiefkühler. Oder aber früh genug zurück in den Kühlschrank legen. Gelato ist am besten gekühlt bei -10 Grad.

  3. Der Saft einer halben Biozitrone (auf einen Liter Fruchtmasse) macht durchwegs jedes Sorbetto intensiver.

  4. Mit Zuckerarten experimentieren: von Ahornsirup über Honig zu einheimischen Rübenzucker.

  5. Falls du Zugang zu Johannisbrotkernmehl hast: Ein Kaffeelöffel pro Liter hilft die „Cremosität“ zu stabilisieren.