Der Boden: wichtige & unterschätzte Ressource
Der Boden: wichtige & unterschätzte Ressource
Der ökologische Kreislauf
Unsere Umwelt wird durch zahlreiche vernetzte Ökosysteme aufrechterhalten und ist in ständigem Austausch mit ihrer Umgebung. Diese Prozesse basieren auf einem Kreislauf, in dem jedes Lebenswesen eine wichtige Rolle spielt.
Den Milchproduzentinnen und -produzenten ist es wichtig, dass dieser ökologische Kreislauf bei der Nahrungsmittelproduktion aufrechterhalten bleibt. Keine einfache Aufgabe, wenn auf der gleichen Fläche für eine immer grösser werdende Bevölkerung Nahrung produziert werden muss.
Hier erfährst du mehr über die wichtigen Komponenten des ökologischen Kreislaufs, an denen auch unsere Schweizer Kühe beteiligt sind.
Der Boden muss viel leisten.
Der Boden ist eine wichtige Ressource, die geschützt und gepflegt werden muss. Diese zentimeterdünne bis wenige meterdünne, verletzliche Haut unseres Planeten bildet die Grundlage allen Lebens auf dem Land und die Basis unserer Zivilisation. Der Boden hat viele Aufgaben, u. a. liefert er Nahrungsmittel und Holz, erhält Biodiversität, speichert Wasser und Kohlenstoff und dient als Baugrund. Nicht nur wir Menschen sind davon abhängig, dass unser Boden fruchtbar bleibt, sondern viele andere Lebewesen auf der Erde.
Trotzdem ist der Boden eine unterschätzte und wenig gewürdigte natürliche Ressource. Zeit also, sich das Ökosystem Boden einmal genauer anzuschauen.
Humus & Co.: vielschichtiger Boden
Die Entwicklung eines Bodens erfordert viel Zeit. Die meisten heutigen Böden im Schweizer Mittelland begannen, sich am Ende der letzten Eiszeit – also vor rund 10'000 Jahren – zu entwickeln. In der Schweiz mit ihren vielfältigen Naturräumen haben sich sehr unterschiedliche Bodentypen entwickelt. Das Ganze ist ein ständiger Abbau- und Aufbauprozess, der von der Zeit und dem Klima beeinflusst wird.
Wer schon einmal einen Boden umgegraben hat, kennt sie: die verschiedenen Bodenschichten (Bodenhorizonte), gut zu erkennen an der unterschiedlichen Farbe und Struktur. Die oberste Bodenschicht ist der Humus, das sogenannte "Schwarze Gold".
Was ist Humus?
Der Humus, oder auch Oberboden, ist die 10-30 Zentimeter dicke, oberste Bodenschicht. Er besteht aus abgestorbenem Bodenmaterial, z. B. aus Wurzeln, Insekten, Laub und Pflanzen. Humus enthält viele wichtige Nährstoffe für Pflanzen und ist Lebensraum sowie Nahrungsquelle für die vielfältige Welt der Bodenlebewesen. Bei uns in der Schweiz reicht die Humusfarbe von sandig- bis schwarzbraun. Daher auch der Beiname "Schwarzes Gold". Aber nicht überall auf der Welt sind die Böden mit Humus angereichert. In Afrika z. B. ist der Oberboden oft humusarm, zu erkennen an der rötlichen Farbe. Der Anbau von Ackerkulturen und Grasland in solchen Regionen ist schwierig.
Humus und Bodenfruchtbarkeit
Der Humus ist besonders wichtig für die Bodenfruchtbarkeit: Er kann Nährstoffe speichern und bei Bedarf an die Pflanzen abgeben. Humus nimmt zudem sehr viel Wasser auf, filtert Schadstoffe und liefert Nährstoffe sowie Energie an Organismen, die massgeblich an der Bodenbildung beteiligt sind. Man kann sagen: je humusreicher der Boden, desto fruchtbarer. Aber warum ist ein fruchtbarer Boden eigentlich so wichtig und was leistet dieser?
6 Gründe: Darum ist ein fruchtbarer Boden wichtig.
Ein fruchtbarer Boden …
- … setzt Dünger effizient um.
- … schützt die Pflanzen vor Krankheiten.
- … lässt sich leicht bearbeiten.
- … nimmt Regenwasser gut auf und ist robust gegenüber Erosion und Verschlämmung, also der Verlagerung von Bodenteilchen an der Bodenoberfläche durch Regentropfen.
- … bindet Nährstoffe und Kohlenstoff effektiv. Das wiederum beugt der Überdüngung von Flüssen, Seen und Meeren vor und bindet Kohlenstoff besonders gut.
- … tauscht sich aktiv mit den Pflanzen aus und strukturiert sowie regeneriert sich selbst.
Der Mensch und das Ökosystem Boden
Klar ist auch: Wir Menschen stören all diese natürlichen Kreisläufe im Boden regelmässig, z. B., weil wir für die Produktion von Lebensmitteln die Böden bewirtschaften und bearbeiten müssen. Dies können wir nicht verhindern. Aber das Wie entscheidet: Es ist wichtig, dass der Boden schonend genutzt wird und regelmässig eine Ruhepause in der Fruchtfolge bekommt, um sich wieder "aufzuladen".
"Schonende Bodennutzung" – was heisst das?
Landwirtinnen und Landwirte können den Boden durch die reduzierte Bearbeitung schonen. Sie können dazu z. B. auf eine tiefe und intensive Lockerung des Bodens verzichten. Schonend ist auch, wenn der Boden mit Maschinen bearbeitet wird, die mehrere Arbeiten auf einmal erledigen. Ein Beispiel ist die sogenannte "Mulchsaat-Kombination": Hier wird der Boden vorne am Traktor bearbeitet und eine Sämaschine sät im gleichen Arbeitsschritt die Samen hinten aus.
"Ruhepause für den Boden" – was heisst das?
Der Anbau von pflanzlichen Kulturen – das Säen, Ernten, die Kulturpflege – all das ist eine Hochleistung für den Boden. Damit die Bodenfruchtbarkeit und -gesundheit bestmöglich erhalten bleiben, muss der Boden zwischendurch eine verdiente Ruhepause bekommen, z. B. nach einer Ernte mit schweren Maschinen. Für eine solche Pause sorgt das Anlegen einer Grasfläche – und zwar für mindestens ein Jahr. Während Wiederkäuer wie Milchkühe auf der Grasfläche weiden, können sich strapazierte Bodenstrukturen darunter erholen. Ausserdem können Gräser und Kräuter gedeihen und Wurzeln bilden, was den Humusgehalt im Boden wieder aufbaut.
Kurz gesagt: Humus und Bodenfruchtbarkeit
- Humus unterstützt die natürlichen Abläufe im Bodenkreislauf.
- Je humusreicher der Boden, desto fruchtbarer ist er.
- Ein fruchtbarer Boden leistet viel, z. B. für unsere Versorgung mit guten Lebensmitteln, für sauberes Trinkwasser und für die Kohlenstoffbindung.
- Wir Menschen sollten möglichst schonend in den Bodenkreislauf eingreifen.
Humus und die Kohlenstoffbindung
Der Humusgehalt ist aber nicht nur wichtig für die Bodenfruchtbarkeit, sondern auch für den Kohlenstoffkreislauf: Böden sind die grössten terrestrischen Kohlenstoffspeicher (Speicher auf dem Festland) und damit wichtig für die Fixierung des klimarelevanten Gases Kohlenstoffdioxid (CO₂). Ausgangspunkt der Kohlenstoffbindung im Boden ist die Photosynthese:
- Bei der Photosynthese nimmt die Pflanze Kohlenstoffdioxid, Sonnenstrahlen und Wasser auf. Diese werden in Zucker, Sauerstoff und Kohlenstoff umgewandelt.
- Den Zucker braucht die Pflanze, um zu wachsen.
- Der für uns Menschen und für Tier lebensnotwendige Sauerstoff wird von der Pflanze wieder in die Atmosphäre ausgestossen.
- Der Kohlenstoff kommt durch die Wurzeln in den Boden und damit in den Humus.
Je humusreicher, desto besser
Eine Kohlenstoffbindung im Boden ist wichtig, denn je besser die Pflanzen das CO₂ und der Boden den Kohlenstoff binden, desto weniger CO₂ wird in die Atmosphäre freigesetzt. Und hier kommt eine Besonderheit des Humus ins Spiel: Humus kann Kohlenstoff besonders gut binden. Je nach Bodenart bleibt der Kohlenstoff kürzer oder länger im Boden gebunden.
Warum sich Kohlenstoff wieder als CO₂ in die Atmosphäre verflüchtigt? Das passiert u. a., wenn Pflanzen sterben, der Boden bearbeitet wird oder es andere Änderungen gibt (z. B. Verbauungen, Entwässerungen von Mooren). Generell kann man sagen: Je humusreicher der Boden, desto besser wird der Kohlenstoff gebunden.
Kurz gesagt: Humus und Kohlenstoffbindung
- Böden sind einer der grössten Kohlenstoffspeicher auf dem Land.
- Eine Kohlenstoff-Bindung im Boden ist wichtig: Je mehr Kohlenstoff gebunden wird, desto weniger CO₂ wird in der Atmosphäre verflüchtigt.
- Humus bzw. humusreiche Böden können Kohlenstoff besonders gut binden.
Humus und das Grasland Schweiz
Und wie sieht es konkret mit der Kohlenstoffbindung in unseren Schweizer Böden aus? Wie erwähnt, ist die Bodenstruktur von Ort zu Ort unterschiedlich. Der Humus wird auch stark von der jeweiligen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und Kultur beeinflusst. Ein Gemüse- oder Getreideanbau beansprucht den Boden z. B. mehr als das Grasland. Hier kommt nämlich eine Besonderheit der Graslandkulturen ins Spiel: Sie werden nur wenig bearbeitet. Deshalb kann der Humus ungestört auf längere Zeit seinen Aufgaben nachkommen, z. B. der Kohlenstoffbindung. Das wachsende Gras bildet im Humus sein Wurzelnetzwerk, das das Ökosystem Boden optimal in seiner Funktion unterstützen kann.
Wir haben also Glück: Mit unseren über 80% landwirtschaftlich genutzten Graslandflächen haben wir ein besonders hohes Potenzial, Kohlenstoff zu binden.
Mehr zur Kohlenstoffbindung erfahren
CO₂-Senkung dank Humusaufbau
Damit diese Menge Kohlenstoff gebunden bleibt, muss der Humusgehalt unserer Böden erhalten bleiben. Wird Humus aufgebaut, tragen landwirtschaftliche Böden sogar zu einer Senkung des im Umlauf befindlichen CO₂ bei.
Auch unsere Kühe tun was für den Boden.
Zum Grasland gehören … natürlich: Schweizer Kühe. Aber wusstest du, dass sie dem Boden durch ihr Grasen etwas Gutes tun? Tatsächlich pflegen und erhalten sie unsere Wiesen, verbessern die Bodenfruchtbarkeit und ermöglichen den Humusaufbau. Denn während sich die Kühe um das Grasen kümmern, muss der Boden nicht bearbeitet oder gemäht werden. Milchkühe verschaffen der Weide also ihre verdienten Ruhepausen.
Gesunder Boden: das A und O
Der Boden hat zahlreiche wichtige Aufgaben – nicht zuletzt produzieren wir aus ihm schliesslich unsere Nahrung. Ein gesunder, fruchtbarer Boden, der Kohlenstoff gut binden kann, ist das Ziel. Für einen solchen Boden ist der Humusgehalt entscheidend. Deshalb gilt es, den Humus zu erhalten bzw. den Humusaufbau zu fördern.
Wir Menschen stehen dabei vor einer grossen Herausforderung: Wir müssen einerseits in den Bodenkreislauf eingreifen, um für die immer grösser werdende Population genug Nahrung zu produzieren. Andererseits wollen wir dies möglichst ressourcenschonend tun. Hier gilt es, die richtige Balance zwischen Intensität und Schonung zu finden. Oberstes Ziel ist und bleibt, den ökologischen Kreislauf aufrechtzuerhalten, in dem das Ökosystem Boden eine wichtige Rolle spielt.
Quellen