Feinster Alpkäse aus der Pop-up-Käserei

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Gschicht vo hie

Feinster Alpkäse aus der Pop-up-Käserei

Pop-up-Stores kennt man. Aber eine Pop-up-Käserei auf der Alp? Das geniale Prinzip: Die Käserei zieht an den Ort, wo die Milch gemolken wird. Ich wollte es genauer wissen.

Städtische Innovation trifft ländliche Tradition.

Zeit, das Büro zu verlassen. Heute mit dabei: die Geschwister Aileen und Lloyd Zumstein. Sie stammen aus einer Unternehmerfamilie und sind selbst ebenfalls erfolgreich im Berufsleben. Dann änderte sich etwas. Nicht am Erfolg, sondern an der Ausrichtung ihrer beruflichen Tätigkeit. Eine Bekannte machte sie auf Älpler aufmerksam, die käsen wollten, aber ein Problem hatten: Es fehlte die Infrastruktur und sie suchten eine mobile Käserei. Die Idee der Älpler entwickelten Aileen, Lloyd und ihr Geschäftspartner Gogo Schumacher weiter. Eine Pop-up-Käserei entstand. Mehr dazu später. Mit dabei ist auch Sarah. Sie ist allerdings nicht im Büro, sondern wir treffen sie auf einer Alp, bei der die Pop-up-Käserei "aufgepoppt" ist. Auch dazu später. Und ja, ich bin ebenfalls dabei. Ein Fan gleichermassen von Alpkäse und innovativen Projekten. Hier also unsere "Aus dem Büro aufs Land"-Geschichte.

Mit Aileen und Lloyd gehts runter in den Sandsteinkeller.

Mit Aileen und Lloyd gehts runter in den Sandsteinkeller.

Reifen im Sandsteinkeller

Unsere Reise beginnt im Käsehaus K3 in Burgdorf. Es ist ein spezieller Sandsteinkeller: Hier wird unter anderem Käse mit Musik beschallt. Aber darum sind wir nicht hier. Im Keller reift auch ein ganz interessanter Alpkäse: Cheesus. Das Endprodukt einer besonderen Unternehmensgeschichte. Aileen und Lloyd haben eine mobile Käserei entwickelt, die sie Alpen zur Verfügung stellen. "Manchmal sind die Alpen zu abgelegen, die Infrastruktur zum Käsen ist veraltet oder gar nicht erst vorhanden", sagt Lloyd. Ihre Pop-up-Käserei ist die Lösung dafür. Den hergestellten Käse kaufen die Geschwister den Älperinnen und Älplern ab, lassen ihn in Burgdorf reifen und kümmern sich anschliessend um die Vermarktung und den Vertrieb. Bisher steht so eine Käserei auf der Alp Meeren in Obstalden, Kanton Glarus, und im Naturpark Gantrisch auf der Alp Nünenen (Berner Oberland). Zur Alp Nünenen wollen wir heute und dort darf ich hoffentlich auch Alpkäse essen.

Aileen und Lloyd im Käsekeller sind sichtlich stolz auf ihren Käse.
Aileen und Lloyd im Käsekeller sind sichtlich stolz auf ihren Käse.

Auf in den Naturpark

Die Besichtigung des Käsekellers ist vorbei und es ist Zeit für die Alp. Auf unserer Fahrt von Burgdorf zum Naturpark Gantrisch bleibt etwas Zeit, uns auszutauschen. Mich interessiert natürlich, was junge Unternehmer in die Berge treibt. "In unserer Familie gab es früher Bauern und wir verbrachten als Kinder auch viel Zeit auf einem Hof. Doch wir sind Stadtmenschen", sagt Aileen. Stadtmenschen und Käsen? Wie kann das zusammenpassen? Eigentlich perfekt. Die Geschwister bauen eine Brücke zwischen Stadt und Land. Sie bringen die Marketing- und Vertriebserfahrung mit, die Älplerinnen und Älper ihr professionelles Handwerk. Traditionelles Käsehandwerk. Und je länger wir über Käse sprechen, desto grösser wird mein Appetit.

Milchkühe und Alpkäse

  • Schweizweit sömmern jedes Jahr über 100'000 Milchkühe auf einer Alp.

  • 2019 produzierten über 1'300 Alpkäsereien insgesamt fast 5'400 Tonnen Käse, das sind rund drei Prozent der Schweizer Käseproduktion.

Die Pop-up-Käserei

Die Alp Nünenen: beschaulich, fast schon romantisch in die Bergwelt eingebettet. Sie steht auf 1'609 Metern über Meer und ist zu dieser Jahreszeit von saftigem Grün umgeben. Ebenfalls auf dem Gelände steht ein gelbbrauner Container mit Fenstern – die Pop-up-Käserei. Fixfertig ausgebaut, damit aus feiner Alpmilch der Käse "Cheesus Alp Nünenen" wird. Wie auf der Alp Meeren entsteht auch hier eine lokale Alpspezialität unter dem gemeinsamen Label "Cheesus Alpkäse". Sarah, die Älplerin der Alp Nünenen, verarbeitet die Milch ihrer eigenen zwölf Kühen zu Käse. Zusätzlich liefert jeden Morgen noch eine benachbarte Alp frische Milch an. Wir treffen Sarah in der Käserei und sie zeigt uns, wie sie den Alpkäse herstellt. Normalerweise macht sie dies morgens, für uns gibt es eine Ausnahme. Versuchen darf ich noch nicht. Das macht auch keinen Sinn, da der Käse noch ziemlich fade schmecken würde.

Tierwohl

Alpbetrieb – Aktivurlaub für die Milchkuh

Sarah Gross bei ihrer Arbeit in der Pop-up-Käserei.
Sarah Gross bei ihrer Arbeit in der Pop-up-Käserei.

Ein Glücksfall für Sarah

Sarah Gross versteht ihr Handwerk. Als Stadtkind aufgewachsen, zog es sie schon früh in die Berge. 1998 ging sie das erste Mal z'Alp und sie käst bereits seit über 25 Jahren. Auf der Alp Nünenen ist sie nun das erste Jahr und wie bei anderen Alpen fehlte auch hier die Käserei-Infrastruktur. Das Projekt von Aileen und Lloyd war deshalb ein Glücksfall – Sarah erfuhr davon aus einem Beitrag in der Bauernzeitung. Nun stellt sie nicht nur "Cheesus Alp Nünenen" her, sondern auch ihren eigenen Käse mit Kräutern oder Chili. Dieser reift schon etwas länger im kleinen Keller auf der Alp und wird nicht wie Cheesus Alpkäse und Cheesus Mutschli nach Burgdorf gebracht.

Ein Tag auf der Alp

  • Ab 4:30 Uhr: Aufstehen, frühstücken und Kühe in den Stall holen.

  • Um 5:30/6 Uhr: Die Kühe melken und gleich wieder aus dem Stall lassen.

  • Vor 7 Uhr bis circa 10 Uhr: Käsen in der Pop-up-Käserei. Um 7 Uhr wird zusätzliche Milch geliefert.

  • Ab circa 9 Uhr: Die Milchkühe kommen von selbst wieder zurück in den Stall.

  • 11:30 Uhr: Auch die Rinder werden in den Stall gebracht.

  • 12 Uhr: Mittagessen.

  • Ab 13 Uhr: Diverse Arbeiten auf der Alp. Zum Beispiel Zaun fertig aufstellen.

  • 15:30 Uhr: Die Kühe werden ein zweites Mal gemolken und mit den Rindern wieder aus dem Stall gelassen. Danach wird dieser gründlich gereinigt.

  • 18:30 Uhr/19 Uhr: Abendessen und Feierabend.

Älplerin und Käserin aus Leidenschaft.
Älplerin und Käserin aus Leidenschaft.

Entlang der Wertschöpfungskette

"Von der Milchgewinnung bis zum fertigen Käse können wir alles selbst bestimmen. So prägen wir das Produkt mit", sagt Sarah. Die Pop-up-Käserei ermöglicht dadurch auch kleinen Betrieben, an der gesamten Wertschöpfungskette mitzuwirken. Viel wichtiger: Es gibt eine Wertschöpfung, wo früher keine war, und die Älpler generieren ein zusätzliches Einkommen. Mich überzeugt das Projekt, da es eine Win-win-Situation ist. Innovation und ehrlich gesagt, einfach genial. Milch kann da verarbeitet werden, wo sie auch gemolken wird, und Aileen und Lloyd können ein sympathisches Alpkäseprodukt verkaufen. Besser noch: Da die Käserei mobil ist, wird im Winter einfach im Tal weiter gekäst. Was mir jetzt noch fehlt für einen gelungen Tag? Natürlich Alpkäse. Ich darf einen von Sarahs Käse mitnehmen und dieser wird mich noch ein paar Tage an die kleine Reise erinnern. Passende Rezepte für "meinen" Alpkäse haben wir von Swissmilk ja.

Darum ist das Prinzip der Pop-up-Käserei so genial.

  • Sie wird da aufgestellt, wo keine Infrastruktur vorhanden, Infrastruktur veraltet oder die Alp zu abgelegen ist.

  • Es sind keine Investitionen nötig.

  • Der hergestellte Alpkäse wird abgenommen.

  • Die Älplerinnen und Älpler generieren Wertschöpfung und Mehreinnahmen.

  • Die Älplerinnen und Älpler können sich auf das Käsen fokussieren, denn der Vertrieb und das Marketing werden für sie gemacht.