"Ein gesunder Boden ist alles."
"Ein gesunder Boden ist alles."
Hofgeschichten
Heute sind wir zu Besuch auf Burrens Burehofmärit. Die junge Bauernfamilie aus Köniz hat vor zwei Jahren auf regenerative Landwirtschaft umgestellt. Erfahre mehr zu diesem unkonventionellen Ansatz.
Humus im Fokus
Kein Dünger, keine Pestizide, kein Kraftfutter. Stattdessen will Tobias Burren die Kraft des Erdreichs nutzen: "Ein gesunder Boden ist alles", sagt der 31-jährige Landwirt auf seinem Acker in Liebewil bei Köniz. "Ich investiere viel in den Humusaufbau, damit Leben in die Erde zurückkehrt. Würmer und Mikroorganismen sind gut für unsere Pflanzen und letztlich auch für unsere Tiere."
Natürliche Hilfsmittel
Burrens Burehofmärit, ein auch bei Städtern beliebter Hofladen am Rande von Bern, hat seine Produktionsweise neu ausgerichtet. Seit zwei Jahren setzt Tobias Burren nur noch auf biologische Hilfsmittel: Pflanzenkohle, Steinmehl und Komposttee sowie flüssige Mischkulturen aus Hefe, Milchsäure- und Photosynthesebakterien. "Natürlich wachsen die Pflanzen langsamer und manchmal geht auch etwas schief", gibt Burren zu. Aktuell gilt seine Sorge den Brombeeren. Sie sind von Läusen befallen, doch eine chemische Behandlung kommt für ihn nicht infrage.
"Die Vielfalt wieder beibringen"
Tobias Burren verfolgt den neuen Weg mit aller Konsequenz. Dazu gehört auch, dass er seinen Saatkalender an den Mondphasen ausrichtet. Dennoch ist der Berner Landwirt frei von missionarischem Eifer. Nüchtern erzählt er von seinen unkonventionellen Methoden. "Ich möchte unserem Betrieb die Vielfalt wieder beibringen", fasst er seinen Ansatz zusammen. In einer Weiterbildung hat er sich das Grundwissen über die regenerative Landwirtschaft erarbeitet.
Futter für die Nützlinge
Ein zentrales Element des regenerativen Ackerbaus sind immergrüne Felder. Im Gegensatz zu länger brachliegenden Äckern bilden auf den Feldern von Tobias Burren Untersaaten und Zwischenblüten Stoffe, die Insekten und Bodenorganismen als Nahrung dienen. Auch die Wege zwischen den Beeten sind begrünt. Der Gewinn ist mehr Biodiversität. "Im Grunde geht es darum, das Gute zu fördern, damit es das Schlechte unterdrückt", erklärt Burren. "Die Nützlinge halten die Schädlinge in Schach und die Pflanzen ertragen Stresssituationen wie Hitze und Kälte besser."
Der Speiseplan einer Milchkuh
Lernen in der Community
Der Ursprung der regenerativen Landwirtschaft liegt in den USA, doch mittlerweile gewinnt die Methode auch in den Alpenländern an Beliebtheit. Tobias Burren trifft sich regelmässig mit einem regionalen Arbeitskreis und tauscht sich mit Gleichgesinnten über Facebook- und WhatsApp-Gruppen aus. Mit Videos teilt die Community ihr Know-how, zum Beispiel über das Säen von Gründüngungen und die sachgemässe Flächenrottung. Mit diesem natürlichen Verwesungsprozess werden die Nährstoffe der geschnittenen Untersaaten gewissermassen dem Boden verfüttert.
Behutsame Bodenbehandlung
Wichtig beim unkonventionellen Ansatz ist eine schonende Behandlung der Äcker. Um das Leben unter der Erde nicht zu zerstören, bearbeitet Tobias Burren seine Felder nur oberflächlich mit einem sogenannten Geohobel: "Ein Pflug reisst die Erde bis zu 25 Zentimeter auf, da gehen viele Wurzeln kaputt und die Erdschichten vermischen sich. Ich bearbeite nur die obersten drei bis vier Zentimeter, um den Boden zu schonen."
Neue Wege bei der Tierhaltung
Auch bei der Tierhaltung setzt Tobias Burren auf ungewöhnliche Methoden. Seit letztem Sommer praktiziert er die muttergebundene Kälberaufzucht, kurz MuKa. Kälber werden dabei nicht wie üblich nach der Geburt von der Mutter getrennt und vom Bauern getränkt, sondern von der Kuh gesäugt. Die Milch, die übrig bleibt, melkt Burren. Der Verkauf dieser "Restmilch" ist erst seit Kurzem erlaubt. Im Mai 2020 wurde die Milchhygieneverordnung entsprechend angepasst.
MuKa-Milch liegt im Trend.
"Milch aus MuKa-Haltung ist im Kommen", sagt Tobias Burren. "Immer mehr Leute überzeugt die Idee, dass nur die Milch gemolken wird, welche die Kälber übrig lassen." Die enge Bindung zur Mutter tue den Kälbern gut, stellt Burren fest. Die grosse Herausforderung sei die Trennung, die früher oder später doch nötig ist. Diesen Sommer schickt Burren drei Kühe auf die Alp Schwarzsee im Kanton Fribourg und deshalb musste er sie im Vorfeld von ihren Kälbern trennen.
Die Mischung machts.
20 Simmentaler-Kühe hält Tobias Burren auf seinem Hof. "Die Zucht richte ich so aus, dass unsere Kühe zur Neuausrichtung unseres Betriebs passen", bemerkt er. Daneben hält er Schweine und Hühner. In Zukunft will er den Tierbestand eher noch reduzieren und dafür den Pflanzenanbau ausbauen – auch um das ganze Tierfutter selbst produzieren zu können: "Mit einem optimal gemischten Betrieb kann ich den Kreislauf schliessen."
Im Grunde geht es darum, das Gute zu fördern, damit es das Schlechte unterdrückt.
Erste Erfolgserlebnisse
Sein Vater lässt den Junior machen. "Solange alles gut läuft, ist er zufrieden", sagt Tobias Burren. Erste Erfolge haben sich bereits eingestellt. "Pilzkrankheiten beim Getreide sind für mich heute kein Thema mehr", freut sich der Bauer. Und der Geschmack? "Meiner Familie schmeckts und die Kunden unseres Hofladens machen uns ab und zu Komplimente für die gute Qualität."
Tierfreundliche Milchkuhhaltung
Gelebte Nachhaltigkeit
Tobias Burren verfügt bereits über das Label IP-Suisse und möchte möglichst bald das Bio-Label erwerben. Doch solche Zertifikate sind für Burrens Burehofmärit sekundär, denn das Ziel ist es, alle Produkte selbst zu vermarkten – und dabei sind Glaubwürdigkeit und gelebte Nachhaltigkeit wichtiger. Durch die eigene Bäckerei und Käserei kann die Familie eine grosse Palette an Spezialitäten anbieten. Im Hofladen spiegelt sich bereits die neue Vielfalt: In den Gemüseauslagen finden sich auch alte Tomatensorten wie Ochsenherz oder Berner Rose.