9 Dinge, die du über Grittibänz noch nicht wusstest
9 Dinge, die du über Grittibänz noch nicht wusstest
Der Teigmann weckt Erinnerungen.
Grittibänze wecken wunderschöne Kindheitserinnerungen: Für mich an das in Basel übliche Ritual "Zobetrinke". Grosmami, Mami und wir Kinder versammelten uns zu selbst gebackenem Grättimaa und heisser Schoggi, zur Stärkung hiess es, bevor wir dem Santiglaus entgegentreten mussten. Egal, ob aus Nostalgie oder weil er einfach fein ist: Es gibt Spannendes zum Grittibänz zu erzählen, hier eine Auswahl an 9 Grittibänz-Fakten.
1. Bänz’ Alter Ego
Die Hefepersönlichkeit ist weit herumgekommen und hat dadurch viele Namen erhalten, was je nach Dialekt für Verwirrung sorgen kann (bestelle ich in Zürich einen Grättimaa. Ausser verständnislosem Staunen wächst nichts über den Verkaufstresen.): Griiti-, Grittibänz, Benz, Bänz, Grättimaa, Elgermaa, Brötige Maa, Chläus, Bonhomme de Saint Nicolas, Bonhomme de Pâte, Bonhomme, Pupazzo di San Nicolao so tönts in der Schweiz. In Deutschland stellt er sich als Stutenkerl, Weckmann, Dambedei, Klausenmann, Krampus, Hefekerl, Pumann, Buckmann, Pipenkerl vor. Im Elsass heisst das Teigmännchen Manele, in Luxemburg Boxemännchen und in Holland Piepespringer. Und das ist nur eine kleine Auswahl.
Brauchst du für jeden Grittibänz: Hefeteig.
- 1h25min
- Vegetarisch
2. Die süssen Verwandten aus Südamerika
In Ecuador werden rund um Allerheiligen kleine süsse Teigfiguren gebacken: die Guaguas de Pan. Guagua bedeutet in der Sprache der indigenen Bevölkerung, Baby. Guaguas de Pan werden aus einem ähnlichen Hefeteig wie Grittibänze hergestellt und bunt verziert. Statt in heisse Schoggi dünkeln die Menschen sie in warmen, dickflüssigen Brombeer-Saft.
3. Männlein, Weiblein, oder *?
Der Grittibänz präsentiert sich noch heute meist als Mann. Nun ja, es steckt ja bereits in seiner Bezeichnung: Grittibänz setzt sich aus "Gritten", was so viel wie "die Beine spreizen" bedeutet sowie der "Gritti", was einen alten Mann mit gespreizten Beinen bezeichnet, sowie Bänz oder Benz, der Kurzform von "Benedikt", zusammen. Aber! Das war nicht immer so. Im "Kulinarischen Erbe der Schweiz" weisen einige Quellen darauf hin, das Teigfiguren in Frauengestalt im Berner Oberland, Baselbiet und anderen Schweizer Gegenden verbreitet waren. So ist einem Nikolausspruch von 1546, der dem Zürcher Reformator Heinrich Bulliger zugeschrieben wird, zu entnehmen: «Der Felix nehm zem ersten s’Horn. Das Frowli esse er erst morn.» Zum Glück sind heute unserer Fantasie keine Grenzen gesetzt. Selbst gebackene Gritt*bänze schmecken eh am besten.
Grittibänze – das klassische Rezept
- 2h5min
- Vegetarisch
Süsser Grittibänz mit Zitrone und Zimt
- 2h15min
- Vegetarisch
4. Jedem Bänz seinen Style
Man könnte glauben, alle Grittibänze sind gleich. Weit gefehlt. In Basel zum Beispiel wird er aus gesüsstem Hefeteig geformt. Im Aargau trug er einen Schultergurt und einen breiten, turbanartigen Hut und Stiefel. In Solothurn hatte er grosse Ähnlichkeit mit dem Landesheiligen, dem Ritter St. Ursus. In Deutschland wurde dem Stutenkerl eine Tonpfeife zur Betonung seiner Männlichkeit verpasst. Heute tragen die Grittibänze Mützen und Schal, Hose oder Rock und wilde Frisuren. Sie sind Zwergli, Punk oder Bodybuilder und manche sehen einem Oktopus weit ähnlicher als einem Teigmännchen.
How-to-Video: So gelingt der ganz klassische Grittibänz.
5. Zum Fressen gern
Hast du dir schon mal überlegt, was im Kopf eines Grittibänz vorgeht, bevor du in ihn reinbeisst? Eine etwas unfaire Frage, ich weiss. Aber offensichtlich weitverbreitet. Denn durch eine (nicht repräsentative!) Umfrage hat sich herausgestellt, dass die meisten sich scheuen, den Kopf abzubeissen. Die ultimative Mehrheit fängt mit dem Bein an und mampft sich dann langsam über die Arme, Rumpf und schliesslich zum Kopf vor.
6. Alli Grittibänze sind usem gliiche Teig gmacht.
Am 3. Dezember ist Internationaler Tag für Menschen mit Behinderungen. Zur Feier kommen die Grittibänze an diesem wichtigen Tag mal ganz anders daher – und das ist gut so. Denn: Wir sind alle "usem gliiche Teig gmacht". Mit der Aktion machen Pro Infirmis und teilnehmende Bäckereien auf die wunderbare Vielfalt, die uns Menschen ausmacht, aufmerksam.
Bänz vor all your friends – Slampoet Kilian Ziegler zur Grittibänz-Aktion
7. Der Grösste der Schweiz
Im Glarnerland wurde letztes Jahr der grösste Grittibänz der Schweiz gebacken. Drei Meter lang war der Riese und bestand aus 21 Kilo Mehl, 10 Liter Milch, 3 Kilo Butter und 1 Kilo Eier, Hefe, Zucker und Salz. Er wurde 2021 von einer Glarner Bäckerei im Rahmen der Aktion von Pro Infirmis "usem gliiche Teig gmacht" (s. Fakt 6) letztes Jahr lanciert. Es gibt übrigens noch Luft nach oben – in Deutschland misst der grösste Stutenkerl 6,96 Meter und wiegt 550 Kilo.
8. Grittibänz-Schwemme: das Leben danach
Den Ersten kauft man sich vermutlich selbst, dann bringt eine liebe Seele einige mit ins Büro und die grosszügige Kundin/der grosszügige Kunde möchte dir mit einem gigantischen Exemplar Danke sagen. Grittibänze sind ein dankbares Streuobjekt und oft bleibt ein trockenes Stück Kopf, Bauch oder Bein im Brotkorb liegen. Keine Panik, es gibt Abhilfe. Ganz im Sinne von No Food Waste lassen sich übrig gebliebene Körperteile in köstliche Gerichte verwandeln.
9. Vom Wecken zum Hefeteigmann
Der Brauch am Nikolaustag, ein weiches Brotgebäck zu verschenken, fand in der Schweiz im 14. Jahrhundert in Basel seinen Einzug. An diesem Tag wählten Schüler:innen einen Kinderbischof, der an diesem Tag dem Kloster sowie der Schule vorstand und die Erwachsenen rügen und bestrafen durfte. Zum Schluss erhielten alle einen Wecken aus Weissmehl. Das soll der Vorläufer des heutigen Grittibänz sein. Erst ab dem 19. Jahrhundert allerdings machen immer mehr männliche und weibliche Teiggestalten Furore. In der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts verbreitete sich das Gebäck immer weiter und es wird auch teilweise bis an Weihnachten angeboten. 1950 schaffte der Grittibänz seinen Einzug in der Romandie.