Kühe: wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft
Kühe: wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft
Prof. Dr. Wilhelm Windisch: zur Person
Prof. Dr. Wilhelm Windisch ist Agrarwissenschaftler und war bis zu seiner Pensionierung 2022 Professor für Tierernährung an der Technischen Universität München.
Prof. Windisch, was versteht man unter Kreislaufwirtschaft?
Die Kreisläufe in der Landwirtschaft sind gegeben und finden so oder so statt. Es geht nun darum, diese Kreisläufe zu verstehen, um diese möglichst nutzbringend einzusetzen und zu steuern. Also Biomasse ernten, soweit wie möglich zu Nahrung machen und die Reste über die Tierfütterung als Dünger dem Boden zurückgeben, damit wieder neue Biomasse wachsen kann. Das Ziel ist, dass aus einem Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche möglichst viele Menschen satt gemacht werden und gleichzeitig möglichst wenig Emissionen in die Umwelt abgegeben werden.
Spannendes Thema?
Prof. Dr. Windisch kommt auch im Swissmilk-Podcast zu den Themen nachhaltige Selbstversorgung und Kreislaufwirtschaft zu Wort. Gleich mal reinhören:
Hat da die Nutztierhaltung überhaupt noch eine Berechtigung?
Es wird oft gesagt, dass es etwas Steinzeitliches sei. Aber es wird auch in Zukunft Nutztiere geben, weil sie eine fundamentale Bedeutung in dieser Kreislaufwirtschaft haben. Somit können auch Kühe nicht einfach ersetzt werden.
Können Sie das etwas konkretisieren?
Wenn wir Landwirtschaft betreiben, dann wollen wir menschliche Nahrung direkt gewinnen. Das oberste Primat ist also die Erzeugung von pflanzlicher Nahrung. Wenn Sie aber auf die Felder schauen: Fragen Sie sich mal, wie viel Sie davon essen können? Das Allermeiste gar nicht. Also auch eine absolut strikt pflanzliche Landwirtschaft produziert ein gewaltiges Volumen an nicht essbarer Biomasse. Wenn Sie zum Beispiel einen Haferdrink produzieren, landen bei einem Kilogramm Hafer etwa 380g im Haferdrink. Das heisst, zwei Drittel der Pflanze bleiben ungenutzt. Wenn man diese Biomasse verfüttert, holen wir zusätzlich noch Lebensmittel wie Kuhmilch und Fleisch raus, ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Wenn Sie auf die Felder schauen: Fragen Sie sich mal, wie viel Sie davon essen können.
Sie sagen primär pflanzliche Nahrung direkt gewinnen. In der Schweiz sind über 70 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Grasland. Optimal also für Kühe. Sollte man auf diesen Flächen besser Ackerbau betreiben?
Es gibt zwei Sichtweisen: Man könnte Acker machen oder wir könnten Wald wachsen lassen. Nehmen wir den Acker, das ist schnell beantwortet. Das allermeiste Grünland in der Schweiz ist absolutes Grünland. Es kann nicht in Acker überführt werden. Wenn Sie einen steilen Hang umpflügen, ist beim nächsten Regen der Acker weg. Viele Flächen sind steil oder steinig, in einer ungünstigen Klimazone oder Überschwemmungsgebiet.
Und Aufforsten?
Da muss man sich fragen, was denn die natürliche Oberflächenform ist. Wenn wir keine Landwirtschaft hätten und wir in der Steinzeit die sogenannte Megafauna nicht ausgerottet hätten, dann hätten wir keineswegs Wald. Sondern eine Mischung aus offenen Grasflächen und kleinen Waldinseln, so, wie es in grossen Teilen Afrikas heute noch aussieht, wo es die wilden Tiere noch gibt, die sich frei bewegen können. Rinderhaltung ist quasi die Simulation des natürlichen Habitats. Es kommt noch etwas anderes dazu: Wenn es darum geht, Menschen zu ernähren, dann sollten wir die Flächen nutzen, von denen wir etwas Essbares gewinnen können.
Aus der nicht essbaren Biomasse könnte man aber Strom produzieren?
Dafür ist die Biomasse zu wertvoll. Die Energie sollte ganz am Ende sein. Wenn man die Biomasse nicht anders verwenden kann, dann unter keinen Umständen verrotten lassen. Die Devise lautet: Teller, Trog, Tank. Der Tank gehört ans Ende. Das Essbare muss zum Menschen, das andere zum Tier.
Es spielt also alles zusammen.
Ja. Es geht um limitierte Biomasse, also limitierte landwirtschaftliche Nutzfläche und einen verantwortlichen Umgang damit.