Familie Wieland: Was macht ihr eigentlich im Winter?
Familie Wieland: Was macht ihr eigentlich im Winter?
Familie Wieland im Porträt
Salome (37), innovative Bäuerin und Hof-Käserin
Thom (43), Landwirt mit Flair für seltene Tierarten
Lilou (6), mag Action und alle Tiere von Kuh bis Kälbli
Ein ganzer Hof als Spielplatz
Die Wiesen glitzern weiss über den sanften Hügeln in Röthenbach im Emmental. Der Schnee knirscht unter den Schuhen, als Landwirt Thom Wieland seine Herde am Morgen anführt. Swiss Fleckvieh, Red Holstein und Simmentaler – eine bunte Schar von 13 Kühen stapft dem Bauern hinterher auf die Winterweide im Weiler Grub, auf 1'020 Metern über Meer. Die sechsjährige Lilou begleitet ihren Papi Thom auf die Weide. Sie ist den Umgang mit den Tieren gewohnt und weiss Bescheid über alles, was auf dem Hof passiert. "Gestern ist ein kleines Chälbli rausgekommen", berichtet sie voller Stolz. "Es ist ein Böckli!" Ihr Vater schmunzelt. "Du meinst ein Muneli." Lilou winkt ab. Jedenfalls sei es sehr warm und sehr weich. Gerade in der kalten Jahreszeit ist ein solch warmes Fellbündel ein verlockender Spielpartner. Lilou schnappt ihr Velo und flitzt los: Der ganze Hof ist ihr Spielplatz.
Damit sich die Kuh wohlfühlt: Auslauf und Tageslicht
Minus zehn Grad: Kein Problem für die Kühe
Die gemütlichen Kühe hingegen mögen es ganz gern, die frisch überzuckerte Weide in Ruhe zu erkunden – auch bei klirrender Kälte. «Es sind Tiere, sie sind für draussen gemacht», erklärt Thom. "Temperaturen von minus zehn Grad sind für sie kein Problem." Das Fell schützt die Tiere vor der Kälte – und der Aufenthalt im Freien stärkt ihre Gesundheit. Wie die meisten Landwirte in der Schweiz macht Thom beim Tierwohlprogramm RAUS mit. Es geht über die bereits sehr strengen Tierschutzgesetze hinaus und garantiert den Tieren das ganze Jahr über viel Auslauf an der frischen Luft.
Kuhbegriffe kurz erklärt
Winterzeit ist Vorratszeit
Zur Znünizeit stiefeln Thom und Lilou zum Haus. Mami Salome hat Tee aufgegossen aus getrockneten Malvenblüten, Lilou knabbert an einem gedörrten Apfelschnitz – es ist die Zeit, in der man von den Vorräten profitiert. Das weiss keine so gut wie Salome Wieland. Anders als bei einem Bürojob in der Stadt hängt ihre Arbeit sehr stark von den Jahreszeiten ab. Im Winter verlagert sie sich von draussen nach drinnen. Salome Wieland hat im Herbst Tomaten eingemacht: "Es musste schnell gehen, die reifen Früchte mussten rasch geerntet und haltbar gemacht werden", erinnert sie sich. Die Arbeitstage waren lang, die Zeit knapp. Das ist jetzt anders: Die Natur ruht, und Salome hat Zeit, sich ihren Vorräten zu widmen. Sie veredelt die Tomaten zusammen mit eingelegten Zucchetti zu einem würzigen Sugo. Dieser reicht für den ganzen Winter.
Im Sommer mussten die reifen Früchte rasch geerntet und haltbar gemacht werden.
Viel Arbeit, viele hungrige Mägen
Ein grosser Vorrat ist auch nötig, denn der lange Holztisch ist meist voll. Nebst der Familie wohnen drei Menschen mit einer Beeinträchtigung auf dem Hof, dazu fünf Personen in einer Tagesplatzierung, Betreuer:innen und Praktikant:innen. Arbeit gibt es genug. Auf dem Hof leben Esel, Ponys, Kaninchen, Wollschweine und weitere Tiere. Dazu kommen seltene Arten wie Walliser Schwarzhalsziegen, Engadiner Bergschafe und Schafe von der Rasse Saaser Mutte, welche die Stiftung Pro Specie Rara unterstützt. Im Sommer wachsen hier Urdinkel, Emmer, Linsen und Mais – alles nach Bio-Standard produziert.
Vielfältiger Speiseplan für die Tiere
Dann heisst es wieder "ad Säck" auf dem Wieland-Hof. Im Winter fällt gerade bei den Kühen viel Arbeit an. Sie versorgen sich nicht wie im Sommer selbst auf der Weide, sondern müssen gefüttert werden. Heu, Emd, Silage und Kartoffeln stehen auf dem Speiseplan. Kartoffeln? «Ja, Kartoffeln haben viel Stärke und können von den Kühen auch roh gut verdaut werden», erklärt Thom. Die Tiere lieben sie – vor allem, wenn sie vorher zerkleinert werden. Auch beim übrigen Futter muss der Landwirt zuerst ordentlich anpacken, bevor es in den Kuhmäulern landet. Heu und Emd schafft er vom Heuboden herunter, die Silage kommt vom Fahrsilo hinter dem Haus. Der Landwirt ist stolz: "Hundert Prozent unseres Futters stammen aus Eigenproduktion. Wenn die Kühe etwas mehr Nährstoffe brauchen, bekommen sie Kleie von unserem Urdinkel", sagt Thom.
Gluschtiges aus der eigenen Milch
Ein sorgsamer Umgang mit den Tieren und Produkten ihres Hofes ist für Wielands selbstverständlich. Im Winter hat Salome etwas mehr Zeit, sich ganz dem kostbaren Rohstoff zu widmen. Sie schöpft vorsichtig Rahm von den grossen Schalen voller Rohmilch, die sie am Morgen gefüllt hat. "Daraus machen wir unsere Nidletäfeli für den Hofladen", verrät sie. Eine Spezialität, die besonders in den kalten Monaten beliebt ist. Die entrahmte Milch bekommen die Kälber. Auch Feta, Mozzarella und Mascarpone stellt Salome her. Manche Käslein legt sie in Öl ein. "Diese Spezialität kommt nur bei uns auf den Tisch", zwinkert sie.
Am Nachmittag gehen die Kühe wieder in den Stall. Sie nehmen ihren gewohnten Platz ein, wo schon das Futter auf sie wartet und sie danach träge wiederkäuen. Um 17 Uhr geht’s los mit melken – die Kühe mögen es gern pünktlich. Sommers wie winters. Thom lacht: "Gewohnheitstiere."